Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates,
sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer!
Der Haushaltsentwurf 2024 lässt sich in drei Sätzen zusammenfassen:
1. Linkenheim-Hochstetten bleibt schuldenfrei und wird es bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums auch bleiben.
2. Die Gemeinde kann voraussichtlich im kommenden Jahr etwas mehr Geld einnehmen als ausgeben, aber aufgrund des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst und der schwachen Steuerprognose werden wir keinen ordentlichen Haushaltsausgleich schaffen.
3. Der Haushaltsentwurf sieht bis Ende 2027 gewaltige Investitionen in Höhe von insgesamt 32,26 Mio. Euro vor.
Mit der öffentlichen Haushaltseinbringung heute, welche zugleich der Auftakt in die Haushaltsberatungen ist, soll aber nicht nur der finanzielle Rahmen dargestellt, sondern auch eine politische Einsortierung vorgenommen werden.
Und es gilt: Politik beginnt beim Betrachten der Realität. Diese stellt sich für uns wie folgt dar:
Der vorliegende Haushaltsentwurf legt die zurückhaltende Mai-Steuerschätzung zugrunde. Die erwarteten Steuereinnahmen fallen in dieser deutlich geringer aus, als noch im Spätjahr 2022 angenommen. Mit Blick auf die schwache Konjunktur und die globalen Unsicherheiten wird dieser Trend in der Herbst-Steuerschätzung sicherlich anhalten.
Bereits in diesem Jahr hat das Land nur von Januar bis April 1,5 Milliarden Euro weniger eingenommen, als Ende 2022 angenommen. Das merken auch wir als Gemeinde.
Der Bundesfinanzminister sagte entsprechend in seiner Haushaltseinbringung: „Wir müssen uns neu fokussieren.“
Und auch der Landesfinanzminister formulierte vor wenigen Wochen: „Wir hatten jahrelang steigende Steuereinnahmen, die uns jedes Mal auch mehr finanzielle Spielräume verschafft haben. Damit ist es jetzt erst mal vorbei. Das ist eine Zäsur. Wir müssen uns auf eine neue finanzpolitische Realität einstellen, in der zusätzliche Aufgaben nicht mit frischem Geld, sondern mit klaren politischen Prioritäten angegangen werden müssen. Anders wird es nicht gehen.“
Sonst bin ich nicht zurückhaltend mit Kritik nach Stuttgart und Berlin, aber hier gilt festzustellen: Beide Finanzminister haben mit Blick auf die Zahlen recht.
Entsprechend haben wir als Gemeindeverwaltung für den Gemeinderat in diesem Jahr nicht nur den vorliegenden Haushaltsentwurf erarbeitet. Die Ämter haben auch alle Investitionsbeschlüsse der vergangenen Jahre aufbereitet und werden diese im Rahmen der Haushaltsdebatte nochmals zur Überprüfung dem Gemeinderat vorlegen.
Wir müssen mit Blick auf die Vielzahl unserer Aufgaben, mit Blick auf veränderte Sachverhalte und auch mit Blick auf die begrenzten Mitarbeiterkapazitäten sowie unsere Finanzkraft klar priorisieren, was zuerst gemacht werden soll und was gegebenenfalls gar nicht mehr weiter verfolgt werden soll.
Wir haben uns auch in den finanziell guten Zeiten der letzten Jahre keinen Luxus gegönnt, hatten erfreuliche Sondererträge und immer bessere Ergebnisse als angenommen. So können wir nun in finanziell schlechten Zeiten auf eine Rücklage von rund 13 Millionen Euro und Ergebnisvorträge aus Vorjahren aufbauen. Das ist wichtig, denn entsprechend den wachsenden Aufgaben steigen auch unsere ordentlichen Aufwendungen auf einen neuen Rekord von über 36,2 Mio Euro an. Ein gewaltiger Betrag. 2020 waren wir noch bei 28,3 Mio. Euro. Warum ist das so? Weil wir Kommunen laufend neue Aufgaben und Pflichtaufgaben erhalten, während die bestehenden Produkte und Dienstleistungen zunehmend komplexer werden. Und weil wir im öffentlichen Dienst einen hohen Tarifabschluss hatten.
Wir haben für die Gemeindeverwaltung und die Außenstellen insgesamt mit 685.000 Euro Kostensteigerung infolge des Tarifabschlusses gerechnet. Auch sind hier bereits die zusätzlichen 0,6 Vollzeitstellenanteile für Schulsozialarbeit enthalten, welche der Gemeinderat bereits beschlossen hat.
Der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst schlägt sich auch im Bereich der Betreuungskosten nieder. Weit über 90 % der laufenden Kosten für Kinderbetreuung sind Personalkosten für pädagogisches Personal. Hier steigen unsere Aufwendungen von 5,97 Mio. Euro in 2023 auf 6,4 Mio. Euro im kommenden Jahr. Vorausgesetzt, wir können alle Stellen besetzen. Der Mangel an Erzieherinnen und Erziehern wird dabei nur noch vom Mangel an Pflegepersonal übertroffen. Dabei haben besonders in diesen Bereichen die Tarifabschlüsse der letzten Jahre die gesellschaftliche Wertschätzung zum Ausdruck gebracht. Es liegt nicht am Geld und es liegt nicht an offenen Stellen. Auch wenn mir dieser Satz als Vater schwer fällt, aber wir müssen an unseren Standards im Kinderbetreuungsbereich arbeiten. Sie sind zu hoch.
Bereits Ende letzten Jahres schafften ¾ der Gemeinden in Baden-Württemberg es nicht mehr, den gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz zu erfüllen. Uns gelang dies noch. Aber auch für Linkenheim-Hochstetten ist absehbar, dass wir Millionen für neue Kinderbetreuungs-Einrichtungen in den kommenden Jahren ausgeben müssen, ohne zu wissen, wo wir wie die nötigen Erzieher und Erzieherinnen gewinnen können.
Unser laufender Haushalt dokumentiert eindrucksvoll, dass wir für den Bereich der Kinderbetreuung fast so viel Personalmittel aufwenden wie für alle anderen kommunalen Tätigkeiten zusammen. Das ist auf der einen Seite ein wunderbares kommunalpolitisches Statement für unsere Kinder, für unsere Jugend. Auf der anderen Seite erklärt es aber auch die finanzielle und personelle Überforderung der Kommunen und Kindergartenträger.
Die dritte große Veränderung bei den wiederkehrenden, laufenden Einnahmen und Ausgaben sind in diesem Jahr die Kreisumlage und die Ausgleichszahlungen nach dem Finanzausgleichsgesetz. Hier ergeben sich Mehrausgaben für Linkenheim-Hochstetten von fast 1,3 Mio. Euro. Dies ist nicht auf eine Erhöhung der Kreisumlage zurückzuführen. Vielmehr berechnen sich diese Umlagen auf Basis der Finanzkraft vorangegangener Jahre. Wir hatten gute Jahre und so steigt nun mit zeitlichem Verzug die zu entrichtende Umlage.
Ferner steigen unsere Abschreibungen, welche seit 2019 auch zu erwirtschaften sind. Wir haben viel investiert in den vergangenen Jahren. Die Schulsanierung oder der Neubau des Kindergartens in der Robert-Bosch-Straße seien hier nur beispielhaft genannt. Diese Investitionen belasten nun den laufenden Haushalt in Form von Abschreibungen. Die Abschreibungen steigen um knapp 580.000 Euro auf nunmehr 3,4 Mio. Euro.
Die Investitionen sind im Finanzhaushalt abgebildet. Neben der Fortsetzung bereits begonnener, aber noch nicht abgeschlossener Projekt gibt es im Plan für 2024 – 2027 auch neue Investitionsprojekte. Zwei neue Großprojekte finden sich in der Finanzplanung wieder: Die Erschließung des Neubaugebietes Nußbaumhecken ab 2025. Hierfür sind insgesamt rund 5,6 Mio. Euro eingeplant und der Neubau von zwei Krippen- und zwei Kindergartengruppen auf der Wiese neben dem Schulzentrum mit insgesamt rund 4 Mio. Euro.
Der Kindergartenneubau begründet sich – genauso wie ein zusätzlicher Anbau an den Kindergarten Bahnhofstraße – aus der Kindergartenbedarfsplanung. Das Neubaugebiet muss unseren Wohn- und Gewerbebedarf für die nächste Dekade abdecken. Wir werden dadurch an Einwohnerzahl kaum gewinnen, aber der Überalterung der Gemeinde entgegentreten können. Nach wie vor steigt die durchschnittliche Wohnflächenzahl pro Einwohner. Das heißt wir brauchen im Bestand und ergänzend dazu auch am Ortsrand neuen Wohnraum, um auch künftig noch jungen Familien einen Platz in unserer Gemeinde geben zu können. Wie wichtig das ist,muss mit Blick auf das kulturelle und soziale Leben nicht erklärt werden.
Das vergangene Jahr war von den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine geprägt. Aktuell sind über 270 Menschen auf 31 Liegenschaften in der Gemeinde verteilt untergebracht. So haben wir bereits im vergangenen Jahr Haushaltsmittel von über 2 Mio. Euro für den Neubau von 6 Wohneinheiten bereitgestellt. Allerdings hat sich im letzten Jahr eine wichtige Veränderung am Wohnungsmarkt ergeben. Zum ersten Mal seit 2015 haben wir wieder Immobilien in nennenswerter Zahl auf dem Markt. Der Gemeinderat muss daher diskutieren, ob es für die Unterbringungszwecke nicht besser ist im Bestand zu erwerben und zu sanieren. Der Bedarf bleibt absehbar hoch. Anfang dieser Woche teilte uns der Landkreis mit, dass wir aufgrund der gestiegenen Flüchtlingszahlen bis Jahresende Woche für Woche doppelt so viele Menschen aufzunehmen haben wie bisher.
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Im vergangenen Jahr habe ich an dieser Stelle über 40 Minuten lang den Haushalt analysiert sowie Rückblick und Ausschau gehalten. Der Krieg im Osten hatte alles verändert. Einen vergleichbaren Einschnitt gab es 2023 nicht. Wir wechseln „nur“ von der längsten Hochkonjunkturphase der Nachkriegsgeschichte in eine Rezessionsphase. Vor Flüchtlingsströmen, Corona, Artenschutzexzessen und einem Flächenkrieg in Europa wäre das spektakulär gewesen. So empfinde ich im Moment aber nicht. Wir haben sauber gewirtschaftet und können zuversichtlich in die mageren Jahre gehen. Dabei wird nichts liegen bleiben. Viel Geld für Kanalsanierungen, Straßensanierungen und den Ausbau unserer PV-Anlagen findet sich ebenso im Haushalt wie über eine Million für Gebäudeunterhaltung und energetische Ertüchtigungen.
Der klare finanzpolitische Schwerpunkt im Haushalt 2024 bleiben aber unsere Kinder und Jugendlichen. Das ist gut und richtig, auch wenn es auf Landesebene eine Diskussion um Standards braucht. Wir dürfen keinen Rechtsanspruch politisch ausloben, wo dieser absehbar nicht erreichbar ist.
Der Fach- und Arbeitskräftemangel bleibt auch im kommenden Jahr unsere größte Herausforderung. Demografischer Wandel, Klimawandel, Digitalisierung… kurzum: alle großen Veränderungen unserer Zeit brauchen Arbeitskräfte und Fachkräfte. Wir müssen Infrastruktur umbauen und neu bauen. Gleichzeitig bekommen wir immer noch im Bereich technischer Gewerke bei Ausschreibungen keine oder nur wenige Angebote. Ich wünsche mir daher von Berlin und Stuttgart weniger gute Ziele und mehr Gestaltungsspielraum, mehr Vertrauen in die Schaffenskraft der Städte und Gemeinden.
Keine Schuld ist dringender als die, Dankeschön zu sagen.
Daher auch in diesem Jahr wieder ein herzliches Dankeschön allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zum Entstehen dieses Haushaltsentwurfs beigetragen haben.
Allem voran unserem Kämmerer Dominic Schlenker und seiner Stellvertreterin Melissa Natuno. Sie haben seit Juni dieses über 400 Seiten starke Entwurfswerk erarbeitet. Das ist in finanziell angespannten Jahren immer etwas schwieriger als in steuerstarken Jahren.
Ein herzliches Dankeschön will ich hier aber auch ausdrücklich unseren Amtsleitern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sagen, für die gewissenhafte Ermittlung von Infoangeboten und die Berechnung der einzelnen Haushaltsansätze. Noch nie zuvor hatten wir einen so effizienten und zielgerichteten Haushaltsprozess verwaltungsintern. Das zeugt von Kompetenz und Erfahrung auf der Verwaltungsbank. Herzlichen Dank hierfür als Dienstvorgesetzter, aber vor allem auch als Einwohner unserer Gemeinde.
Dem Gemeinderat darf ich abschließend gutes Gelingen für die anstehenden Haushaltsberatungen wünschen. Wir haben einiges an Arbeit vor uns. Es gibt viel zu diskutieren und gegebenenfalls neu zu priorisieren.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Es gilt das gesprochene Wort.)